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Online-Terminhinweis mit Kartenausschnitt

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Es stellt eine eigene urheberrechtliche Nutzungshandlung dar, wenn der Betreiber einer Internetseite für deren Nutzer einen Terminkalender bereithält und ihnen über einen Link Einladungsschreiben Dritter zugänglich macht, die er in einem eigenen Download-Center abgelegt hat. Fremde Informationen im Sinne von § 10 TDG sind ausschließlich durch den Nutzer eines Teledienstes eingegebene Informationen, von denen der Anbieter des Dienstes keine Kenntnis hat und über die er auch keine Kontrolle besitzt.

Der verfahrensgegenständliche Kartenausschnitt ist ein gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschütztes Werk. Dies vorausgesetzt, stellt die Veröffentlichung des Einladungsschreibens über die Internetseite eine Verletzung des ausschließlichen Rechts der Urheberin dar, das Werk öffentlich zugänglich zu machen (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG).

Vorliegend wurde das Einladungsschreiben von Mitarbeitern als PDFDatei im DownloadCenter des Internetauftritts abgelegt und über einen Link im Terminkalender für die Nutzer dieser Internetseite zum Abruf bereitgehalten. Der Link, der in dem online geführten Terminkalender bei der Eintragung des Ereignisses angelegt war, führte also nicht zu einer fremden Website, sondern zu einem Speicherort auf dem eigenen Server. Anders als bei einem Hyperlink auf eine fremde Website, auf der ein Werk bereits veröffentlicht ist, handelt es sich im vorliegenden Fall um eine eigene urheberrechtliche Nutzungshandlung.

Die Verantwortlichkeit des Betreibers für die Zugänglichmachung des Kartenausschnitts entfällt nicht deshalb, weil er nach den §§ 8 bis 10 TMG und den bis zum 28.02.2007 geltenden §§ 8, 11 TDG grundsätzlich nur eingeschränkt für fremde Inhalte haftet.

Es liegt weder eine bloße Durchleitung fremder Informationen (§ 8 TMG) noch eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung (§ 9 TMG) vor.

Der Betreiber kann sich auch nicht auf das Haftungsprivileg des § 10 Nr. 1 TMG berufen. Nach dieser Bestimmung sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, unter bestimmten Voraussetzungen nicht verantwortlich. Bei dem Einladungsschreiben nebst Kartenausschnitt handelt es sich jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht um fremde Informationen.

Das Telemediengesetz wie auch das am 1. März 2007 außer Kraft getretene Teledienstegesetz in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung dienten der Umsetzung der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr. Im Hinblick auf das mit dieser Richtlinie verfolgte Harmonisierungsziel im Binnenmarkt sind die zu ihrer Umsetzung erlassenen deutschen Gesetze richtlinienkonform auszulegen.

Durch § 10 TMG und § 11 TDG sollte Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG umgesetzt werden. Nach dieser Vorschrift stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich ist, sofern näher bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das Haftungsprivileg bezieht sich somit ausschließlich auf durch einen Nutzer eingegebene Informationen. In diesem Sinn ist auch der Begriff „fremde Informationen“ in § 10 TDG zu verstehen. Der deutsche Gesetzgeber konnte ihm keinen über Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG hinausgehenden Inhalt geben. Denn die Bestimmungen über die Verantwortlichkeit bestimmter Diensteanbieter in den Art. 12 bis 15 der Richtlinie bezwecken eine Vollharmonisierung. Die Mitgliedstaaten dürfen weder weitere noch engere Regelungen im nationalen Recht vorsehen. Wie sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 6 und 40 der Richtlinie 2000/31/EG ergibt, bezweckt sie im Bereich der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter die Schaffung eines koordinierten Bereichs durch Rechtsangleichung.

Im Streitfall wurde das Einladungsschreiben mit dem Kartenausschnitt nicht durch den Nutzer eines Dienstes eingegeben. Der Betreiber bietet nicht die Speicherung von Informationen an, die Nutzer eingeben können; er betreibt daher keinen HostingDienst im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG und § 10 TMG. Vielmehr handelt es sich bei dem Einladungsschreiben um eine durch einen Nutzer bereitgestellte Information, die erst durch Mitarbeiter des Betreibers auf deren Website eingestellt worden ist.

Eine erweiternde Auslegung des Begriffs „eingegebene Informationen“ in dem Sinne, dass auch eine derartige Bereitstellung von Informationen erfasst wäre, ist ausgeschlossen. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG, nach dem der Nutzer den technischen Vorgang der Informationseingabe für die Speicherung selbst vornehmen muss. Zudem stellt Erwägungsgrund 42 der Richtlinie klar, dass die in ihr hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter festgelegten Ausnahmen nur Fälle abdecken, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben und den Zugang zu diesem zu vermitteln; diese Tätigkeit ist rein technischer, automatischer und passiver Art. Das bedeutet, dass der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt.

Demgegenüber musste im Streitfall der handelnde Mitarbeiter von dem Einladungsschreiben Kenntnis nehmen, bevor er es als PDFDokument im DownloadCenter ablegen und einen entsprechenden Terminhinweis mit Link im Terminkalender anlegen konnte. Dabei bestand für den Mitarbeiter auch Kontrolle über den Speichervorgang.

Da eine Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG schon deshalb ausscheidet, weil es sich bei dem abrufbaren Einladungsschreiben mit Kartenausschnitt nicht um eine fremde Information im Sinne dieser Bestimmung handelte, stellt sich die Frage des Zueigenmachens fremder Informationen nicht. Auf die BGHEntscheidung „marionskochbuch[.]de“ kommt es deshalb nicht an. Zur Abgrenzung ist aber darauf hinzuweisen, dass Gegenstand jenes Falls Inhalte (Rezepte) waren, die Nutzer eines Internetportals eingegeben hatten. Deshalb setzte eine Haftung der dortigen Beklagten voraus, dass sie sich diese Inhalte zu eigen gemacht hatte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. Juli 2013 – I ZR 39/12


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